Gelassen bleiben in emotionalen Situationen – das gelingt uns nicht immer. Manchmal reagieren wir einfach und fragen uns hinterher: ‚Was war denn da verdammt nochmal los mit mir? Das wollte ich so doch nicht.‘ Unsere Emotionen überrollen uns dann, klares Denken fällt uns schwer. Was passiert da mit uns? Und vor allem: können wir solche Situationen verändern? Ja. Mit etwas Übung können wir.
Stress und Emotionen.
Wir bekommen in der Arbeit eine unrealistische Deadline vorgesetzt, unsere Planung gerät ins Wanken, wir müssen unsere Freizeitpläne verschieben und das enttäuscht wiederum die, die uns wichtig sind. Wir erleben eine arbeitsreiche Zeit, finden kaum Ausgleich. Und zu all dem lässt der Kollege seine schlechte Laune an uns aus.
Wir erleben jeden Tag nicht nur eine, sondern viele Herausforderungen. Wir müssen in ganz unterschiedlichen Situationen schnell und angemessen reagieren, ständig kleine und große Entscheidungen treffen. Unsere Emotionen helfen uns dabei, indem sie uns mitteilen, was gerade wichtig und gut für uns ist. Wenn etwas bedrohlich auf uns wirkt, spüren wir Angst. Wir werden wütend, wenn wir uns übergangen fühlen und freuen uns, wenn uns etwas gelungen ist. Wir reagieren häufig „aus dem Bauch heraus“ und greifen dabei automatisch auf Denk- und Verhaltensmuster zurück, die sich für uns irgendwann einmal bewährt haben. Das spart Energie und funktioniert wunderbar, wenn unsere Bedürfnisse, Fähigkeiten, Ziele und Werte im Einklang miteinander sind. Wenn es sich „stimmig“ anfühlt.
Manchmal fühlt es sich nicht stimmig an. Gerade dann, wenn wir unsere Bedürfnisse zu lange ignoriert haben, wenn wir uns überfordert oder hilflos fühlen, können unsere Emotionen ein Verhalten auslösen, über das wir uns hinterher selbst wundern. Dann kann es auch passieren, dass die geballte Wucht jemanden trifft, der gerade zufällig in der Nähe war … oder wir begegnen uns selbst mit Abwertungen oder Selbstvorwürfen.
Vielleicht waren wir nach dem ereignisreichen Tag spät dran und jemand schnappt uns auch noch den letzten Parkplatz vor der Nase weg. Unser aufgestauter Frust entlädt sich nun.
Oder unser Hund zerrt uns beim Abendspaziergang nach einem anstrengenden Tag von einem Geruchshighlight zum anderen oder reagiert nicht auf unseren Rückruf. Er ignoriert uns einfach. ( … vielleicht spielt auch unsere Stimmung für das Verhalten unseres Hundes eine größere Rolle, als uns gerade bewusst ist?)
Diese Situationen, die wir sonst einigermaßen gelassen wegstecken würden, blasen sich nach einer stressigen Phase ohne genügend Ausgleich zu einem riesigen, knallroten Ballon auf. Vor allem dann, wenn eine Situation unangenehme Emotionen in uns auslöst oder besser gesagt – wenn wir die Sachlage entsprechend bewerten. Wir denken womöglich „schon wieder einer, der keine Rücksicht auf mich nimmt.“ Wir spüren vielleicht Hitze in uns aufsteigen, unser Körper spannt sich an und wir verhalten uns unfreundlicher als beabsichtigt. Oder wir sacken in uns zusammen und denken „War ja klar. Ich bekomme heute eben nichts auf die Reihe.“
Entspannende und schöne Momente zwischendurch wären grundsätzlich hilfreich. Ein positiver Ausgleich zum stressigen Alltag – etwas mehr Selbstfürsorge. Und auch unsere Haltung uns selbst gegenüber und den Umgang mit unseren Emotionen können wir verändern.
Emotionen sind wertvoll und wichtig für uns.
Keine Emotion ist „schlecht“ oder „falsch“. Emotionen haben eine wichtige Funktion. Freude und Neugierde fühlen sich angenehm an, Trauer, Angst, Wut, Ekel, Schuld oder Scham spüren wir nicht gerne. Sie zu verdrängen ist jedoch keine gute Strategie. Unsere Emotionen – auch die unangenehmen – verdienen Beachtung. Sie weisen uns auf unsere Bedürfnisse hin, ermöglichen blitzschnelle Reaktionen, sind Motor für unser Verhalten. Emotionen werden durch äußerliche Gegebenheiten aktiviert, eine wichtige Rolle spielt jedoch unsere Bewertung der Situation.
Unsere Emotionen ständig zu kontrollieren oder ihnen ungehemmt freien Lauf zu lassen – beides wäre auf Dauer wohl wenig zielführend, ein zusätzlicher Stressfaktor und deshalb auch nicht gesund für uns. Unsere spontan auftretenden Emotionen können wir kaum verändern. Mit etwas Übung kann es uns aber gelingen, die Bewertung von Situationen und unser Verhalten zu verändern.
Hilfreich ist, unsere Emotionen erst einmal nur wahr- und anzunehmen. Denn starke Emotionen beeinflussen unser Denken. Es macht also Sinn, uns in der „akuten Situation“ darauf beschränken, unsere Gefühle und Gedanken zu akzeptieren und die kognitive Auseinandersetzung damit auf später zu verschieben.
Sich selbst in emotionalen Momenten begegnen
Jetzt geht es erstmal darum, das kleine Zeitfenster zwischen Reiz und Reaktion zu nutzen. Dieses Zeitfenster gibt uns Luft zum Durchatmen – und genau das kann ziemlich hilfreich sein. Es zu erwischen ist allerdings nicht so einfach. Sicher ist aber: je öfter wir es üben, desto leichter wird es uns fallen.
Wahrnehmen. Achten sie darauf, was in Ihrem Körper und in Ihrem Kopf passiert. Oft sind wir mit unseren Gedanken sehr im Außen, spüren uns selbst nicht mehr so gut. Wir können emotionale Situationen gut an körperlichen Zeichen erkennen – der Puls wird vielleicht schneller, die Atmung verändert sich, wie auch unsere Körperspannung. Nehmen Sie diese Körperempfindungen wahr. Sie können zu unserem „Frühwarnsystem“ werden.
Annehmen. Atmen Sie tief durch … tief in den Bauch einatmen und lange ausatmen …. . Akzeptieren Sie, was gerade passiert. Bewerten Sie nicht. Und denken Sie jetzt nicht weiter darüber nach. Beobachten Sie sich selbst mit einer guten Portion kindlicher Neugier und nehmen Sie nur Ihre Gefühle, Gedanken, Handlungsimpulse wahr, ohne sie mit einem Etikett zu versehen.
Distanz schaffen. Achten Sie weiter auf ihren Atem und verschaffen Sie sich jetzt erst einmal Distanz zur Situation – innerlich und, falls das gerade hilfreich ist, vielleicht sogar tatsächlich.
Vielleicht hat sich jetzt bereits etwas an der Stärke der Emotion verändert?
Später, wenn wir wieder klar denken können, bleibt noch genug Zeit für Reflexion. Wir können uns dann mit der Situation, mit dem, was wir gedacht haben und was sie in uns ausgelöst hat, auseinandersetzen. Was war das für eine Emotion (oder mehrere)? Was war der Auslöser? Kann ich die Dinge jetzt, mit ein wenig Abstand, vielleicht auch anders sehen und bewerten? Wie will ich mich zukünftig in ähnlichen Situationen verhalten?
Gehen Sie dabei nett mit sich selbst um, grübeln sie nicht zu lange, lassen sie die Gedanken auch wieder los. Stellen Sie sich vor, ein guter Freund würde Sie zu diesem Thema um Rat fragen. Begegnen Sie sich selbst, wie sie auch diesem Freund begegnen würden: aufmerksam, wertschätzend und lösungsorientiert.
Wertvoll im Kontext Hund
Gerade auch im Zusammenleben mit dem Hund ist ein reflektierte Umgang mit Emotionen hilfreich. Und wir haben immer wieder Gelegenheit, uns darin zu üben. Verhält sich unser Hund nicht wie wir uns das wünschen, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass bei ihm ebenfalls gerade Emotionen, wie z.B. Angst, eine Rolle spielen. Reagieren wir nun auch noch ungehalten emotional, erhöht das sein Stressniveau nur noch.
Viel sinnvoller ist es, selbst Ruhe zu bewahren und erst einmal Management betreiben (z.B. tatsächlich die Distanz zum Auslöser zu vergrößern, eine Entspannungspause einlegen). Das tut ihnen beiden gut. Hinterher bleibt genug Zeit, um zu reflektieren was da passiert ist, sich eine zielführende Trainingsstrategie für künftige Situationen zu überlegen und sich eventuell Unterstützung bei einem bedürfnisorientiert arbeitenden Hundetrainer zu gönnen. Das ist für den Hund und auch für sie wesentlich angenehmer, als selbst herumzuexperimentieren und zu riskieren, dass sich das unerwünschte Verhalten weiter festigt.
Generell gilt: gehen Sie wertschätzend mit sich selbst um. Achten Sie darauf, was sie wann brauchen. Und sorgen sie rechtzeitig dafür, dass Sie es bekommen. Begegnen Sie sich selbst, wie sie auch einem guten Freund begegnen würden. Verhaltensänderungen klappen nicht von heute auf morgen. Selbst wenn wir unseren Auslösern auf die Schliche gekommen sind und hilfreiche Fähigkeiten für uns entdeckt haben, wird es immer wieder Gelegenheiten geben, unsere Fähigkeiten noch weiter auszubauen. 😉
Je mehr in in unserem Leben gerade los ist, desto schwieriger ist es, reflektiert und ausgeglichen zu handeln. Denken sie deshalb auch daran sich täglich positiven Ausgleich zu schaffen. Wenn sie sich überfordert fühlen – gönnen Sie sich frühzeitig Unterstützung. Machen sie das, was Ihnen hilft, um in Balance zu bleiben. Lernen Sie auf den Wellen des Lebens zu surfen … und haben Sie immer wieder viel Spass dabei.