Die Kunst der Lebensbalance.

 

Bist Du immer ausgeglichen und gelassen? Ruhst Du in Dir, egal, was rundherum passiert? Wahrscheinlich geht es Dir so wie den meisten Menschen – Du gerätst ab- und zu mal aus dem Gleichgewicht und lässt Dich von den Geschehnissen mitreißen. Ich zumindest kenne niemanden, dem es nicht ab- und zu so geht.

Wenn wir zu viel Stress erleben, geraten wir aus der Balance. Nicht wenige leben nach eigener Aussage sogar im Dauerstress. Zu viel Stress macht krank, das weiß mittlerweile jedes Kind. Sollten wir ihn deshalb möglichst vermeiden? Ich meine: nein. Das ist weder möglich, noch sinnvoll. Stress gehört zum Leben. Er lässt uns in schwierigen Situationen zu Höchstform auflaufen. Damit wir uns aber langfristig wohl fühlen und gesund bleiben, sollten wir jedoch einen für uns passenden Umgang mit unseren Stressoren finden und unsere Resilienz, unser „psychisches Immunsystem“, fördern.

Unsere Stressreaktion – eine geniale Idee der Natur.
Die Stressreaktion, die unser Körper abspult, wenn wir „Stress“ erleben, ist entwicklungsgeschichtlich uralt. Bestimmte Reize lösen Emotionen und verschiedene psychische und physische Reaktionen in unserem Körper aus. Das ist eine geniale Einrichtung der Natur. Denn diese körperlichen Prozesse werden ohne unser bewusstes Zutun automatisch und blitzschnell aktiviert und versetzen uns in die Lage, herausfordernde Situationen zu meistern. Lange bevor der kognitive Teil unserer Gehirns erkennt, was Sache ist, wird der nicht willentlich steuerbare Bereich aktiv. So einige von uns wären wohl nicht auf dieser Welt, wenn diese Stressreaktion bei unseren Vorfahren weniger gut funktioniert hätte. 😉

Stressor ist nicht gleich Stressor.
So weit, so gut. Unser Gehirn schätzt also bereits ein, ob ein Reiz unangenehmen, beunruhigend oder bedrohlich für uns ist, bevor wir die Situation bewusst erfassen, und startet ein Notfallprogramm. Unser Atem wird schneller und flacher, Puls und Blutdruck steigen, die Muskulatur wird besser durchblutet, die Muskelanspannung steigt, die Blutgerinnung wird erhöht, die Immunabwehr gesteigert, die Verdauungstätigkeit reduziert.
Je nach Situation fällt unsere Reaktion milder oder stärker aus. Dabei ist individuell sehr unterschiedlich, wie ein Reiz bewertet wird. Hast Du bisher in Deinen Leben zum Beispiel weitgehend positive Erfahrungen mit Hunden gemacht, wird der Anblick eines knurrenden Vierbeiners lediglich milden Stress hervorrufen. Musstest Du jedoch als Kind mitansehen, wie Dein Kumpel von einem Hund schwer verletzt wurde, könnte es sein, dass der Anblick eines Hundes noch heute im Erwachsenenalter eine heftige Stressreaktion und Ängste auslöst.

Aber nicht nur Reize, die eine körperliche Bedrohung darstellen, aktivieren die Stressreaktion unseres Körpers. Auch Herausforderungen im zwischenmenschlichen Bereich, anspruchsvolle berufliche Aufgaben oder sogar innere Dialoge können unseren Körper in Alarmbereitschaft versetzen. Immer dann wenn etwas bedroht ist, das uns wichtig ist, reagiert unser Körper.

Das ist völlig normal und sinnvoll. Diese Stressreaktion soll uns handlungsfähig machen, um das zu schützen, was wertvoll für uns ist. Sie lässt uns blitzschnell ins Tun kommen und hilft uns, unseren Körper, unser Leben, das, was wir lieben oder was uns wichtig ist, zu schützen. Welche Strategie wir dafür wählen, das ist von Individuum zu Individuum verschieden. Wie wir uns verhalten, welche Handlungsstrategie wir wählen, das hängt von unserer Persönlichkeit und unseren bisherigen Erfahrungen ab. Gehen wir der Situation lieber aus dem Weg („flight“), wehren wir uns („fight“) oder erstarren wir und sind womöglich gar nicht mehr handlungsfähig („freeze“). Innerhalb dieser, als 3F bekannten Stressbewältigungsstrategien, gibt es im menschlichen Verhaltensrepertoire natürlich unzählige Spielarten …

Stress an sich ist also eigentlich gut und hilfreich, etwas das uns hilft, im Leben weiterzukommen und unser Wohlbefinden abzusichern. Und wie bei so vielen guten Dingen kommt es auch hier auf Häufigkeit und unseren Umgang damit an.

Die Dosis macht das Gift.
Dass der Umgang vieler Menschen mit Stress optimiert werden könnte, machen Studien deutlich (z.B. die TK-Stressstudie von 2016): die Mehrheit der Deutschen leidet unter Stress. Wird Stress chronisch, leidet unser Wohlbefinden und unsere Gesundheit darunter. Wir sollten uns deshalb möglichst frühzeitig damit beschäftigen, noch bevor wir großen Leidensdruck empfinden.
Zuerst einmal sollten wir überhaupt erkennen, wenn wir Stress haben. Auch das ist nicht selbstverständlich, wie ich es immer wieder in der Arbeit mit meinen Klienten erlebe. Viele von uns müssen erst (wieder) lernen, auf die Signale des Körpers zu achten und Stressanzeichen als solche einzuordnen.

Einen guten Umgang mit Stress zu finden und unsere Balance täglich zu regulieren, ist essentiell für unser Wohlbefinden, denn anhaltender Stress schadet unserer mentalen und körperlichen Gesundheit. Und jetzt kommt die gute Nachricht: es ist gar nicht so schwer, die eigene Stresskompetenz auszubauen. Es gibt verschiedene Hebel, bei denen wir ansetzen können. Auch Du findest für Dich mit Sicherheit eine passende Strategie.

Wir könnten zum Beispiel unsere Einstellung verändern und Stress grundsätzlich positiver sehen. Indem Du den Text bisher gelesen hast, hast Du bereits einen ersten Schritt in diese Richtung gemacht. Wenn Du Stress nicht per se als gesundheitsschädlich bewertest, sondern seine hilfreichen Seiten siehst, reduziert dies bereits seine schädlichen Auswirkungen, wie Forscher an der Universität Wisconsin-Madison zeigen konnten.
Wenn es uns möglich ist, sollten wir natürlich unsere Stressoren reduzieren. Wenn das nicht geht, haben wir immer auch die Möglichkeit, unsere Stessauslöser zu analysieren und zu hinterfragen. Gibt es andere Möglichkeiten, damit umzugehen? Welche Einstellungen und Verhaltensmuster haben sich eingeschlichen, die sich vielleicht verändern lassen? Psychologen an der Stanford Universität, fanden in einer Studie heraus, dass die Bewertung eines Stressors einen großen Einfluss auf die körperliche Stressantwort hat.

Last but not least: wir können einen täglichen Ausgleich für uns schaffen. Bewegung und moderater Sport helfen, Stress kurzfristig abzubauen, vorausgesetzt wir erleben dabei ein Gefühl der Entspannung. Auch unsere Hobbies helfen uns dabei. Ein tägliches Rendezvous mit uns selbst, bei dem wir Dinge tun, die uns wirklich Spaß machen, Begegnungen mit Menschen, die uns gut tun oder zwischendurch einfach mal eine kleine Atem- und Achtsamkeitspause … Die Positive Psychologie, die Wissenschaft des gelingenden Lebens, gibt uns einen mit wirksamen Werkzeugen gefüllten Koffer an die Hand. Die Tools wurden in wissenschaftliche Studien auf ihre Wirkung untersucht und lassen sich ganz einfach in den Alltag integrieren.


Innere Balance und Hund
Und was hat Deine Lebensbalance nun mit Deinem Hund zu tun? Sehr viel. Denn Du bist 50% des Mensch-Hund-Teams und gleichzeitig der kognitiv überlegene Part. Wenn Du gut für Dich selbst und für Deine innere Ausgeglichenheit sorgst, schaffst Du einen gesunden Nährboden für eine tolle Mensch-Hund-Beziehung und bist für Deinen Hund ein verlässlicher Sozialpartner.

Indem Du für Dich ein gutes Gespür für Stress, seine Auslöser und den Umgang damit bekommst, bist Du viel besser in der Lage, auch Deinen Hund zu begleiten und zu unterstützen, wenn er Stress erlebt. Und das tut er mit Sicherheit. Denn Stressoren gibt es in unserer menschengemachten Welt so einige für ihn. Nur dass er auf uns und unsere Stresskompetenz angewiesen ist, um passende Bewältigungsstrategien zu finden, die auch mit unseren menschlichen Vorstellungen konform gehen.

Du kannst also nur gewinnen, wenn Du an Deiner Stresskompetenz feilst. Nicht immer wird es das nächste Wochenende richten, und auch nicht der nächste Urlaub. Der Schlüssel zu mehr Gelassenheit und Wohlbefinden liegt darin, jeden Tag auf unsere Lebensbalance zu achten, indem wir auf gesunde Art und Weise mit uns selbst umgehen und eine individuelle Ausgewogenheit zwischen Anspannung und Entspannung für uns finden.

Worauf wartest Du also? Fang am besten noch heute damit an. Dir selbst und Deinem Hund zuliebe.