Man kann nicht nicht kommunizieren.

„Man kann nicht nicht kommunizieren.“ – Ihr kennt dieses bekannte Zitat sicher. Es stammt von dem Kommunikationswissenschaftler Paul Watzlawick. Es beschreibt die erste seiner fünf Grundregeln, die die menschliche Kommunikation erklären. Der zweite, weniger häufig zitierte Teil lautet „… , denn jede Kommunikation (nicht nur mit Worten) ist Verhalten und genauso wie man sich nicht nicht verhalten kann, kann man nicht nicht kommunizieren.“ Und was heißt das für uns im täglichen Leben und für unsere Beziehungen?

Wir kommunizieren ständig auf irgendeine Art und Weise. Bewusst und unbewusst. Sei es über das gesprochene Wort, über unsere Körpersprache, Mimik, Gestik oder einfach über das, was wir tun oder nicht tun. Wir senden auch dann Botschaften, wenn wir das nicht bewusst beabsichtigen. Und nicht immer kommt beim Empfänger das an, was wir mitteilen wollten. Missverständnisse kommen zum Beispiel dann vor, wenn die Beziehung generell belastet ist, wenn Weltbild, Werte und Ziele stark abweichen oder man nicht die gleiche Sprache spricht (im wörtlichen und übertragenen Sinn).

Kommunikation ist komplex. Der Kommunikationspsychologe Prof. Dr. Friedemann Schulz von Thun hat uns ein hilfreiches Modell an die Hand gegeben, das diese Komplexität veranschaulicht. Es lehrt uns, dass wir auf vier Ebenen wirksam sind: neben der inhaltlichen senden wir auch auf der Beziehungs-, Selbstkundgabe- und Appellebene Botschaften. Ob wir wollen oder nicht – wir teilen mehr mit, als die reine Sachinformation. Wir offenbaren gleichzeitig, oft unbewusst, etwas über uns und darüber, wie wir zu etwas oder dem anderen stehen und was wir erreichen wollen.

Auch der Empfänger hört auf diesen „vier Ohren“, wie es das Modell benennt. Meist ist also das, was wir mitteilen wollen, nur ein Bruchteil dessen, was beim Empfänger unserer Botschaft ankommt. Je nachdem, wie der andere das Gesagte interpretiert und welches „Ohr“  bei ihm gerade auf Empfang steht, wird er eventuell sogar etwas völlig anderes wahrnehmen, als wir erwarten.

Bewusst kommunizieren, Missverständnissen vorbeugen.
Wenn wir mit anderen interagieren, haben wir also nur bedingt Einfluss darauf, was beim anderen ankommt. Wir geben – ob wir das wollen oder nicht – auch etwas von unserer Persönlichkeit, unseren Gefühlen, Werten und Bedürfnissen preis. Durch die Art, wie wir sprechen und mit unserer Mimik und Gestik verraten wir, gewollt oder nicht, etwas über unsere innere Haltung und ob wir etwas erwarten. Wir lösen beim Gegenüber Gedanken und Emotionen aus und bewirken, dass er sich wertgeschätzt oder abgelehnt fühlt.

Wenn Missverständnisse nicht geklärt werden, der andere sich schlecht oder abgelehnt fühlt, ist das nicht besonders hilfreich für zukünftige Gespräche und die Beziehung. Wir können aber versuchen, solche Unstimmigkeiten zu reduzieren, indem wir uns die Komplexität des zwischenmenschlichen Austausches immer wieder bewusst machen, bewusst zuhören bzw. nachfragen und unser eigenes (Kommunikations-)verhalten reflektieren.

Auch im Umgang mit unseren Hunden sollten wir „nachfragen“. Klar, dass das nicht auf die selbe Weise funktioniert, wie in der zwischenmenschlichen Kommunikation. Es gibt aber verschiedene Möglichkeiten, um die Sprachbarriere zwischen Mensch und Hund zu überbrücken. Was uns dabei in jedem Fall hilft, ist achtsames Wahrnehmen.

Achtsamkeit und Kommunikation mit Hunden.
Achtsam wahrnehmen heißt, möglichst unvoreingenommen und ohne zu interpretieren wahrzunehmen, was da ist. Welche Körpersprache zeigt mein Hund? Was tut er? Sucht er Nähe oder Distanz? Ist er ansprechbar, kooperiert er mit mir? Das gibt mir Hinweise darauf, ob gerade etwas schief läuft in unserer Kommunikation

Wir sollten deshalb zuerst die Sprache der Hunde, also ihre Körpersprache, lesen und verstehen lernen. Dann nämlich können wir uns rückversichern, wie unsere Interaktion bei ihm ankommt. Wir lernen zu erkennen, welche Emotionen er gerade hat. Sie drücken sich beim Hund unverfälscht in seiner Körpersprache aus und sagen uns etwas über seine Bedürfnisse.

Was uns wohl kaum gelingen wird: körpersprachlich selbst so fein und nuanciert wie ein Hund zu kommunizieren. Dazu fehlen uns einige anatomische Voraussetzungen. Das heißt: wenn es darum geht, unserem Hund mitzuteilen, welches Verhalten wir uns von ihm gerade wünschen, bietet es sich an, ihm unsere Sprache ansatzweise nahezubringen und wichtige Signale zu trainieren. Die Betonung liegt auf trainieren – nicht einfach von ihm zu erwarten, dass er uns versteht. Und zwar auf eine bedürfnisorientierte und freundliche Art und in dem Tempo, in dem unser Hund in der Lage ist, zu lernen. Gleiches gilt, wenn wir Regeln etablieren bzw. der Hund unerwünschtes Verhalten zeigt. Wir teilen ihm auf dieselbe Art mit, wie er sich verhalten soll. (wie das genau geht, lernt man in einer guten, positiv und bedürfnisorientiert arbeitenden Hundeschule)

Hunde können unsere Körpersprache zwar gut lesen, welche Botschaft bei ihnen tatsächlich ankommt und welche Emotionen bei ihnen durch unser Verhalten in einer bestimmten Situation ausgelöst werden, das können wir vorab ebensowenig wissen, wie in der zwischenmenschlichen Kommunikation. Dazu kommt: Hund und Mensch leben in verschiedenen „Welten“. Was aus Hundesicht „normal“ ist, ist es in unserer Menschenwelt nicht. Und umgekehrt. Hund und Mensch haben ein recht unterschiedliches Weltbild. Wir können uns bemühen, die Welt des Hundes zu verstehen, wir können aus wissenschaftlichen Studien lernen und immer wieder versuchen, die Perspektive zu wechseln. Ich wage jedoch zu bezweifeln, dass uns das umfassend gelingen wird.

Dass Hunde unsere Welt verstehen, ist noch weniger wahrscheinlich. Ich denke nicht, dass sie begreifen, weshalb wir etwas potentiell Fressbares einfach so am Boden liegen lassen, nicht an den Ausscheidungen oder am Po des Gegenübers schnüffeln, schnurstracks aufeinander zu laufen oder weshalb sie nicht die Zähne einsetzen sollen, wenn wir alle vorherigen Kommunikationssignale übersehen haben.

Wir holen den Hund in unsere Welt und erwarten, dass er sich anpasst. Für mich ist es selbstverständlich, dass wir ihm unsere Regeln und Grenzen freundlich vermitteln und vollständig auf psychische oder physische Gewalt verzichten. Wichtig dabei ist: was Gewalt ist, also ob etwas als unangenehm, einschüchternd, beängstigend oder schmerzhaft empfunden wird, definiert der Empfänger, nicht der Sender.

Beziehungstipp: Zuhören.
Wenn uns eine vertrauensvolle, bereichernde Beziehung zu unserem Hund also am Herzen liegt, wenn wir wollen, dass auch unser vierbeiniger Sozialpartner ein gutes Leben hat, sollten wir deshalb so viel wie möglich „zuhören“, indem wir seine Körpersprache lesen lernen, um zu erkennen, was unser Verhalten bei ihm ausgelöst hat. Und wir sollten immer wieder unsere innere Haltung überprüfen, uns bemühen, die Perspektive zu wechseln, unser eigenes (Kommunikations-)verhalten reflektieren und gegebenenfalls anpassen. Denn Mensch und Hund werden nur dann zu einem wirklich guten Team zusammenwachsen, wenn sie gemeinsam überwiegend positive Emotionen erleben und die Beziehung damit auf einem Fundament von Wertschätzung und Vertrauen steht.

Unsere wohl schwierigste Aufgabe dabei ist regelmäßige Selbstreflexion: die eigene innere Haltung überprüfen, sich  Stolpersteine eingestehen und übernommene, wenig hilfreiche Überzeugungen überdenken. Diese Anstrengung lohnt sich, denn daraus können Chancen wachsen, wenn wir lernen und etwas verändern. Und wer weiß? Vielleicht helfen uns die im Zusammenleben mit dem Hund gewonnenen Erkenntnisse ja sogar dabei, unsere zwischenmenschlichen Beziehungen bereichernder zu gestalten?

Wenn Du diesen Weg nicht alleine gehen willst, unterstütze ich Dich gerne dabei. Weitere Informationen zu meinem Angebot findest Du auf meiner beruflichen Internetseite: www.ziegelmeier.info


Literatur:
Watzlawick, Paul: Menschliche Kommunikation: Formen, Störungen, Paradoxien, 13. Auflage, Bern, Schweiz: Hogrefe, 2017

Schulz von Thun, Friedemann: Miteinander Reden 1, Störungen und Klärungen, Reinbeck bei Hamburg, Deutschland: Rowohlt, Januar 1997