Im positiven Hundetraining wird Führung immer mal wieder mit Disziplin und Machtmissbrauch gleichgesetzt. Ich finde das schade und frage mich: ist so eine Haltung wirklich hilfreich für ein bereicherndes Zusammenleben mit unseren Hunden? Ich meine nein. Denn Führung ist aus meiner Sicht etwas positives, allerdings nicht immer die Art und Weise, wie Führung gelebt wird.
Führung ist Teil des gesellschaftlichen Miteinanders, Führungskompetenz eine wichtige Fähigkeit. Sinn von Führung ist, gemeinsam und unter der Leitung eines Verantwortlichen, Ziele zu erreichen. Wenn wir geführt werden, besser gesagt uns führen lassen, dürfen wir bezogen auf den vereinbarten Kontext Verantwortung abgeben. Sehen wir uns doch mal eine Definition an: „Führung ist die bewusste und zielbezogene Einflussnahme auf Menschen“ (Lutz von Rosenstiel, 2009).
Wenn wir uns einen Hund in unser Leben holen, übernehmen wir nach dieser Definition automatisch eine Führungsaufgabe, bezogen auf den Hund. Ob wir das bewusst wollen, oder nicht: wir beeinflussen sein Verhalten zielbezogen. Jeden Tag. Unser Ziel ist (bzw. sollte es sein), das Zusammenleben so zu gestalten, dass sich alle Beteiligten wohl fühlen, dass es ihnen gut geht und Freude macht.
Die Diskussion sollte deshalb aus meiner Sicht nicht darüber geführt werden, OB wir führen. Wir sollten uns viel mehr damit beschäftigen WIE wir führen. Denn im diesem „wie“ liegt der Unterschied, ob es dem Hund gut geht, oder nicht und ob wir ein gutes Team werden.
Mit dieser Führungsaufgabe geht freilich eine Verantwortung einher. Berücksichtigen wir nur unsere eigenen Interessen? Oder haben wir auch das Wohl des Hundes im Blick? Bedürfnisse auszubalancieren, ehrlich zu sich selbst zu sein, ist nicht immer einfach. Wir sollten diese Rolle bewusst annehmen und uns über einige Dinge klar werden. Welche Werte wollen wir leben? Was ist uns wirklich wichtig? Was ist hilfreich und zielführend, so dass es dem Hund gut geht und auch er sein Potential ausleben kann? Und wir sollten uns diese Frage ehrlich beantworten: geht es uns nur um unsere Bedürfnisse, vielleicht manchmal sogar darum, ein anderes Lebewesen zu dominieren? Oder wollen wir, dass auch der Hund unser Zusammenleben als bereichernd empfindet?
Wir sollten diese Führungsaufgabe ernst nehmen und unser Denken und Handeln zum Wohl des Hundes immer wieder reflektieren. Die Qualität der Mensch-Hund-Beziehung und das Wohlbefinden des Hundes hängt von unserem Führungsstil und unserer Führungskompetenz ab. Wenn wir gut führen wollen, sollten wir z.B.
– Orientierung geben, d.h. uns unserer Ziele für das Zusammenleben bewusst werden
– unsere Emotionen gut regulieren können
– Bedürfnisse wahrnehmen
– Stärken sehen und fördern
– erkennen, wann wir auf die Fähigkeiten des Hundes verlassen können
– unsere Kommunikationsfähigkeiten verfeinern
– Lerngesetze verinnerlichen und Wege finden, den Hund fair und freundlich anzuleiten
– Kooperatives Verhalten fördern
– für zieldienliche und angenehme Atmosphäre sorgen
Nur wenn wir unsere Führungsrolle verantwortungsvoll leben, wird es uns gelingen, eine auch für den Hund bereichernde Beziehungen zu gestalten.
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