Das Leben gestalten.


Gute Neujahrsvorsätze – dieses Ritual ist immer noch voll im Trend. Seit Silvester habe ich auffallend viele Jogger gesehen. Jetzt, gegen Ende der zweiten Januarwoche, lässt der jahresanfängliche „Run“ bereits deutlich nach. 
Ich denke, den meisten von uns ging es schon mal so mit unseren spontanen Ideen zum Jahreswechsel, die spätestens Ende Januar Schnee von gestern waren. Manchmal gelingt es uns relativ leicht, unsere Wünsche und Ziele umsetzen. Dann wieder brauchen wir vermeintlich eine große Portion Selbstdisziplin, um unseren „inneren Schweinehund“ zu bezwingen. 
Wie kann es uns gelingen, Veränderung leichter zu gestalten und wie erhöhen wir die Wahrscheinlichkeit, dass wir uns am Ende des Jahres über erreichte Ziele freuen können? Mit diesen Fragen habe ich mich in den letzten Jahren recht intensiv und nicht nur theoretisch auseinandergesetzt.

Brauchen wir persönliche Ziele?
Ob man Lebensziele und persönliche Ziele überhaupt braucht, darüber scheiden sich bereits die Geister. Manche Menschen sind der Meinung, dass man das mit den Zielen besser bleiben lässt und sich lieber von seiner Intuition leiten lässt, das Richtige zum richtigen Zeitpunkt zu tun. Andere Menschen planen jeden Schritt ihres Lebens, haben To-Do-Listen zu ihrer alltäglichen Bibel gemacht. Punkt für Punkt wird konsequent abgearbeitet, Ziele hartnäckig verfolgt, egal was rundherum in ihrem Leben passiert. Ich bin der Meinung: diese Sichtweisen sind Extreme, und in beiden steckt Wahrheit. Ohne Ziele kann man sich leicht verlieren und wenn man Ziele erreichen will, muss man etwas dafür tun, ganz klar. Für hilfreich halte ich es aber, nicht an einer fest abgesteckten Marschroute und To-Do-Listen zu kleben, sondern auch mal nach links und rechts zu schauen und immer wieder nach innen. Ich denke es ist wichtig, Ziele zwischendurch für sich zu überprüfen und gegebenenfalls auch anzupassen. 

Die Resilienzforschung und das Forschungsgebiet der positiven Psychologie bestätigen, dass es wichtig für unser Wohlbefinden ist, Ziele zu haben. Selbstwirksamkeit, das Gefühl, dass wir Einfluss haben und dass wir unser Leben gestalten können, ist essenziell für unsere psychische Gesundheit. Manchmal fühlen wir uns als Spielball des Lebens, der Gesellschaft, der Politik, unseres direkten Umfeldes. Das bleibt keinem von uns erspart. Manche fragen sich vielleicht, wie  wir  Selbstwirksamkeit empfinden sollen, wenn wir stellenweise doch so wenig Einfluss auf wichtige Geschehnisse haben?
Auch auf diese Fragen haben die Forscher eine Antwort: indem wir  zuerst einmal damit anfangen, uns auf das zu fokussieren, was wir beeinflussen können – auf die kleinen, alltäglichen Ziele. Indem wir kreativ darin werden, unsere kleinen Wünsche zu erfüllen, unsere Werte und Stärken zu leben. Indem wir nicht nur nach den Sternen greifen, sondern auch die kleinen Erfolge wahrnehmen lernen. Indem wir uns von unserem „großen Traum /  großen Ziel“ ein Bild malen, den Weg dorthin in kleine Etappen einteilen und bereits die Wanderung genießen. Dann erleben  wir  Selbstwirksamkeit, auch wenn wir mal wieder einen kleinen Umweg einplanen müssen. Wir fühlen uns zunehmend selbstbestimmt, wenn wir die Erreichung der Teilschritte bewusst wahrnehmen und uns dafür auch mal selbst auf die Schulter klopfen. Und noch etwas ist sehr wichtig: die Wahl unserer Ziele.

Ein ‚Schweinehund‘ steht im Weg?
Wenn wir an unseren Vorsätzen scheitern, dann denken viele Menschen sofort an den „inneren Schweinehund“, der gezwungen werden muss, „das Richtige“ zu tun. Aber ist das, was so schwer fällt, wirklich „das Richtige“ für uns oder will uns dieser „innere Schweinehund“ vielleicht etwas mit seinem Boykott mitteilen, uns vielleicht sogar vor einer Fehlentscheidung schützen? Vielleicht will er uns sagen „Hey… das bist doch gar nicht Du, der dass will.“ oder „Das, was Du da willst ist gar nicht so attraktiv / einfach nicht realistisch“ oder „Der Preis ist viel zu hoch. Komm, lass uns lieber das Leben genießen und das tun, was uns wirklich gut tut.“ Ich finde, wir sollten diesen lieben Kerl ernst nehmen, einen Schritt zurücktreten und die Sache nochmals in Ruhe aus der Vogelperspektive betrachten: was will ich eigentlich wirklich? Will ich jeden Tag joggen, damit die anderen mich attraktiv finden? Oder will ich etwas für meine Gesundheit tun, mich zukünftig wohler in meiner Haut fühlen? Und gibt es dafür vielleicht noch einen anderen Weg, einen der angenehmer ist und vielleicht sogar Spaß macht?

 

Das ist der allererste und wohl hilfreichste Schritt, um Ziele zu erreichen: sich zu fragen, was man wirklich für sich will und wie das, was man will, genau aussieht. Ist es mir wirklich wichtig oder doch vielleicht nur von irgendjemanden… dem Partner, den Eltern, der Gesellschaft … übernommen? Ist es im Einklang mit meinen Werten? Will ich es wirklich mit allen Nebenwirkungen, trotz aller Mühen? Ist es mit meinen anderen Wünsche und Ziele vereinbar? 

Wenn Du merkst, dass Du nicht hinter einem Ziel stehst, passe es an, bis es wirklich zu Deinem Ziel wird. Male es Dir aus, als ob Du es schon verwirklicht hast. Genieße dieses Gefühl.  Jetzt musst Du noch überlegen, was Du brauchst, um das Ziel zu erreichen und bis wann Du es erreichen willst.  Überlege Dir die Richtung  in die Du losgehst . Und dann geh los. Mach den ersten Schritt. Nimm Deinem Schweinehund mit, und auch Deine Deine Stärken. Beides wird Dir helfen auf Deinem Weg. Du darfst dabei auf Spaß und auf ausreichend Ruhepausen achten. Mach kleine Schritte und überprüfe zwischendurch, ob Du noch auf dem zielführenden Weg bist. Mache eine Kurskorrektur, wenn nötig. Und ganz wichtig: würdige und genieße jeden Meilenstein. So bleibst Du motiviert und der Weg zum „großen Ziel“ macht bereits Freude.


Den Alltag mit Hund gestalten.
Ich plane am Anfang des Jahres meine Ziele. Schriftlich. Ich nehme regelmäßig die Vogelperspektive ein und kläre für mich, ob das Ziel so noch  passt und was als nächstes zu tun ist, um ihm ein Stückchen näher zu kommen. Dazwischen konzentriere ich mich auf den Weg. Schritt für Schritt. Meine Wochen- und Tagesplanung stimme ich immer wieder mit meinen beruflichen und privaten Ziele ab, damit ich nicht aus den Augen verliere, was mir wichtig ist. Diese Vorgehensweise pflege ich für jeden Lebensbereich. So auch für das Zusammenleben mit meinen Hunden.

Für dieses Jahr habe ich mir zum Beispiel vorgenommen, meinen Fokus auf die  Kommunikation mit meinen Hunden zu legen. Ich erwarte mir, dass das unser Zusammenleben und unseren Alltag erleichtert und auch bereichert.
Wie kann das gelingen? Ich werde mein Wissen über das Kommunikationsverhalten von Hunden ausbauen. Ich werde meine Hunde und ihre Körpersprache aufmerksam beobachten. Ich werde auf mein eigenes Kommunikationsverhalten achten und es anpassen, wenn nötig. Und ich werde mir überlegen, wie ich auftauchende Bedürfniskonflikte in typischen Alltagssituation gut für uns alle lösen kann.
Was brauche ich dafür? Wissen. Zeit und Energie für Beobachtung und Selbstreflexion. Gut sitzende, hilfreiche Signale, die ich mit den Hunden auffrische und im Alltag festige. Ausreichende Entspannungsphasen für die Hunde, damit eine gute Kommunikation überhaupt möglich wird.

Ich habe auch tatsächlich bereits angefangen. Ich habe mir Seminare herausgesucht, die mir helfen. Ich werde mir Trainerstunden gönnen. Und ich habe bereits mit der Festigung unseres Targetsignals begonnen: der Hund soll auf das Signal „Target“ zu einem Ort gehen, das ich durch ein „Target“ (=Ziel) markiere und dort warten, bis ein weiteres Signal von mir kommt. Dieses Verhalten baue ich mit meinen Hunden freundlich, in ihrem Lerntempo und mit viel Spaß auf und deshalb machen sie sehr gerne mit. Gut aufgebaut und gefestigt, lässt es sich durch den visuellen, fühlbaren und olfaktorische „Anker“ (= das besagte Target), schnell auf andere Situationen übertragen. So soll es für uns zu einer wertvollen Hilfe im Alltag werden.
Die verwendeten Targets häkle ich übrigens selbst aus recycelten Textilgarn und habe dadurch auch gleich noch ein bisschen Entspannung nebenbei – ein weiterer Fokus für mich in dieses Jahr.

Heute ist der beste Zeitpunkt.
Man muss übrigens nicht bis zum nächsten Jahreswechsel warten, um sein Leben zu gestalten, sein Wohlbefinden zu steigern und sein psychisches Immunsystem zu stärken. Der Rest des Lebens beginnt genau jetzt. Also worauf wartest Du? Fang einfach gleich damit an.