‚Spazieren gehen‘ – Routine oder Qualitätszeit?

Spazieren gehen – das ist tägliche Routine für uns Menschen mit Hund. Ich finde es immer wieder spannend zu beobachten, wie viele unterschiedliche Varianten des Hundespaziergangs es gibt.

Mancher rennt im Eilschritt mit dem Hund durch die Welt. Mancher steht gesellig auf der Hundewiese und lässt die Hunde machen. Andere halten ihren Hund permanent im Fuß und bedenken ihn mit zackigen „Kommandos“. Wieder andere überlassen den Hund komplett sich selbst. Es gibt wohl so viele Arten spazieren zu gehen, wie es Mensch-Hund-Teams gibt. Jeder kann selbst entscheiden, wie er die Zeit „da draußen“ mit dem Hund verbringt. Und je nachdem, für was wir uns entscheiden, hat das Auswirkungen – auf den Hund, auf uns selbst, manchmal sogar auf andere. Es kommt darauf an, wie wichtig uns die Bedürfnisse aller Beteiligten sind und ob wir sie überhaupt wahrnehmen.

Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es sehr bereichernd sein kann, sich über die Gestaltung von Spaziergängen Gedanken zu machen, manchmal etwas Neues auszuprobieren und zu beobachten, was sich dadurch verändert. Wir verpassen wertvolle Erfahrungen, wenn wir die täglichen Hundespaziergänge als ‚notwendiges Übel‘ betrachten und nur mehr als Routine „abhandeln“. Diese Zeit mit unserem Hund bietet auch für uns Menschen viel Potenzial. Entschleunigung, sich eine kleine Alltagsstress-Auszeit nehmen, ist dabei nur ein Aspekt.

Haben Sie sich schon einmal überlegt, diese Zeit, die man mit dem Hund draußen verbringt, ganz bewusst nach Ihren Vorlieben und denen Ihres Hundes zu gestalten? Sich ein bisschen auf den Hund und seine Welt einzulassen, ihn dabei besser kennen zu lernen? Wenn wir nur mit dem Ziel durch die Gegend rennen, damit der Hund „sein Geschäft erledigt“ oder sie beide „ihre Bewegung bekommen“ verpassen wir wertvolle Erfahrungen.

Deshalb möchte ich Sie heute zu dieser Idee einladen:
gestalten Sie Ihren nächsten Spaziergang mit Hund ganz bewusst.

Wählen sie einen Ort aus, der für sie beide gut passt. Mag ihr Hund keine fremden Hunde, oder sind Sie beide durch Hundebegegnungen gestresst, wählen sie einen einsamen Ort. Mögen Sie beide Wasser, fahren Sie zu einem See. Haben Sie gerade viel um die Ohren, hilft vielleicht eine weitläufige Landschaft oder die Ruhe des Waldes.

Bleiben Sie am Startpunkt des Spaziergangs erst einmal stehen. Und warten. Was macht der Hund? Schnüffelt er? In welche Richtung möchte er? Beobachten Sie ihn. Begeben Sie sich auf seine Augenhöhe – vielleicht sogar im wörtlichen Sinn. Lernen Sie ihn noch besser kennen. Was erregt seine Aufmerksamkeit? Was interessiert ihn nicht? Ist er aufgeregt? Wann wendet er sich Ihnen zu und ‚frägt sie’, was jetzt kommt? Beantworten Sie diese wertvolle Geste der Orientierung an Sie mindestens mit einem Lächeln oder mit einem Lob.

Wenn er Ihnen seine Aufmerksamkeit freiwillig zuwendet, ist das ein guter Zeitpunkt um loszugehen. Wie wäre es, wenn Sie Ihrem Hund die Führung überlassen? (Keine Angst – er wird dadurch nicht zum ‚Rudelführer‘. Solche Theorien sind wissenschaftlich längst widerlegt. 😉 )
Will der Hund in eine Richtung, die für Sie nicht passt, laden Sie ihn freundlich dazu ein, mit Ihnen zu kommen. Zwingen Sie ihn nicht, sondern suchen Sie nach einer Idee, wie sie es schaffen, dass er Ihnen freiwillig folgt. Vielleicht machen sie ein angekündigtes Kekse-Wurfspiel in die gewünschte Richtung? Schnüffelt er, lassen Sie ihm soviel Zeit, bis er sich von der interessanten Stelle trennen kann.

Vielleicht haben Sie Lust dazu, sich Orte für gemeinsame Aktivitäten zu suchen – stabile Baumstämme zum Balancieren oder darüber springen, Pfosten zum Umrunden, geeignete Stellen für Apportier- oder Suchspiele. Beschäftigen Sie sich mit Ihrem Hund, machen Sie Dinge, die Ihnen beiden Spass machen. Achten Sie auf das, was ‚des Weges kommt‘ und werden Sie kreativ. Suchen Sie sich zwischendurch auch Stellen, an denen Sie sich kurz setzen und beide zur Ruhe kommen. Tauchen Sie in den Moment ein und die genießen Sie die Natur und das Beisammensein.

Wie verändert sich die gemeinsame Zeit da draußen? Verändert sich vielleicht sogar das Verhalten Ihres Hundes? Wie fühlen Sie sich? Vielleicht notieren Sie sich ein paar Stichworte dazu und gestalten Sie die zukünftigen Spaziergänge.
Wie? So wie es Ihnen und Ihrem Hund gut tut.
Wie oft? So oft sie wollen.
Keine Zeit? Sie brauchen nicht mehr Zeit. Denn es kommt nicht so sehr auf die Wegstrecke an, ob Hund und Mensch hinterher zufrieden sind,  sondern auf die Qualität der gemeinsam verbrachten Zeit. Probieren Sie es einfach mal aus… viel Spaß dabei.